Lässt Tradoria Händler im Stich?

Wie die Online-Mediendienste Computer Reseller News und shopanbieter.de erst kürzlich berichteten, sieht sich die Internetplattform Tradoria seit einiger Zeit einer angeblichen Hetzkampagne ausgesetzt. Den Beiträgen zufolge tauchen seit einigen Wochen in Internetforen und Weblogs Vorwürfe von angeblichen Tradoria-Händlern auf, die wegen der von Tradoria zur Verfügung gestellten und als "abmahnsicher" angepriesenen AGB abgemahnt und dann von Tradoria gewissermaßen "im Regen stehen gelassen" worden seien.

Tradoria bestreitet die Vorwürfe und sieht sich vielmehr einer gezielten Hetzkampagne ausgesetzt. Zwar sei es auch bei Tradoria-Händlern schon einmal zu Abmahnungen gekommen, meist wegen Markenrechtsverstößen bzw. unlizensierter Bildernutzung. Bereiche, für die Tradoria die Verantwortung habe - wie die Preisauszeichnung, AGB, Impressum, Widerrufsbelehrung etc. - hätten sich bislang aber als rechtssicher erwiesen.

Mir wurde nun der Fall eines Tradoria-Händlers bekannt, der die gegen Tradoria erhobenen Vorwürfe - zumindest teilweise - stützt. Der Händler unterhielt bei Tradoria einen Shop und verwendete dabei die von Tradoria vorgegebenen Rechtstexte - unter anderem auch deren AGB. Entsprechend dem von Tradoria verwendeten Werbeslogan "Keine Angst vor Abmahnungen" ging der Händler davon aus, seine Rechtsinhalte seien "abmahnsicher". Zudem ging er davon aus, dass Tradoria im Falle einer Abmahnung das Kostenrisiko und die Kosten der Rechtsverfolgung des Abmahners übernehmen würde, wie dies in § 2 Abs. 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Tradoria GmbH für Händler suggeriert wird. Dort heißt es auszugsweise:

"Im Falle einer Abmahnung obliegt Tradoria die Prozessführungsbefugnis, d.h. die Entscheidung, ob der Händler eine Unterlassungserklärung abzugeben hat oder nicht und ob ein Gerichtsverfahren geführt wird oder nicht. In jedem Falle übernimmt Tradoria das Kostenrisiko und die Kosten der Rechtsverfolgung und die Schadenersatzansprüche des Abmahners im Falle einer Abmahnung."

Der Händler musste jedoch eine andere Erfahrung machen:

Von einem Wettbewerber wurde er wegen der Verwendung einiger angeblich unzulässiger AGB-Klauseln in seinem Tradoria-Shop abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Der Händler wandte sich darauf hin an Tradoria und forderte die zugesagte Unterstützung ein. Tradoria riet dem Händler, die geforderte Unterlassungserklärung nicht abzugeben, woran sich der Händler im Hinblick auf die vorgenannte AGB-Klausel von Tradoria auch hielt. In der Folge erhielt der Händler eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt a. M., mit der ihm untersagt wurde, die betreffenden Klauseln in seinen von Tradoria vorgegebenen AGB zu verwenden. Als sich der Händler darauf hin wieder an Tradoria wandte, um die zugesagte Unterstützung einzufordern, kündigte Tradoria den mit dem Händler bestehenden Vertrag und schloss seinen Tradoria-Shop. Als Begründung gab Tradoria an, der Händler habe ohne deren Einwilligung Abmahnungen gegenüber anderen Mitbewerbern ausgesprochen und er habe die vertraglich vereinbarte Prozessführungsbefugnis von Tradoria verletzt, indem er sich nach Erhalt der Abmahnung durch einen eigenen Anwalt hatte vertreten lassen. Der Anwalt des betroffenen Händlers versicherte mir aber glaubhaft, dass er damals keinen Schritt ohne vorherige Abstimmung mit Tradoria unternommen hat.

Der Händler forderte Tradoria darauf hin zunächst außergerichtlich zur Rücknahme der Kündigung und Freischaltung seines gesperrten Shops auf. Da Tradoria dem keine Folge leistete, beantragte der Händler beim Landgericht Bamberg den Erlass einer Einstweiligen Verfügung gegen Tradoria mit dem Ziel, die Zugangssperre seines Online-Shops aufzuheben. Dem folgte das Landgericht Bamberg und erließ schließlich die beantragte einstweilige Verfügung gegen Tradoria. Hiergegen legte Tradoria Widerspruch ein, der jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bamberg nach einem richterlichen Hinweis zurückgenommen wurde. Zugleich erklärte sich Tradoria in der mündlichen Verhandlung bereit, die dem gesperrten Händler durch die Abmahnung eines Mitbewerbers entstandenen Kosten dem Grunde nach zu übernehmen.

Der Shop des Händlers wurde danach wieder frei geschaltet. Die umstrittenen AGB-Klauseln, deretwegen der Tradoria-Händler abgemahnt worden war, wurden mittlerweile aus den von Tradoria vorgegebenen AGB entfernt.

Fazit

In meinen Augen hat Tradoria sich mit den Versprechungen zur Abmahnsicherheit deutlich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Es ist beschämend, dass Tradoria gerichtlich zur Einhaltung der eigenen Versprechen gezwungen werden musste.

Leider fehlt vielen Plattformen im Bezug auf Abmahnungen jedes Verständnis für die betroffenen Händler: Bei Amazon ist rechtssicheres Anbieten erst gar nicht möglich, bei eBay stellt man sich auch dann hinter massenabmahnende eigene Händler, wenn eBay deren Abmahnungen für unberechtigt hält.

Da gefällt mir besser, wie Yatego mit Abmahnungen umgeht: Dort werden Abmahner vom Handel ausgeschlossen, wenn sie nicht vorher Kontakt mit Yategos Schiedsstelle aufgenommen haben. Mir sind bereits zwei solcher Ausschlüsse bekanntgeworden.

Update 18.03.09: Tradoria hat inzwischen eine "Gegendarstellung" zu meinem Artikel veröffentlicht. Darin wird das Vorgehen Tradorias näher erläutert, meiner Darstellung aber nicht widersprochen.


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© 2009 bei Axel Gronen. Letzte Aktualisierung: 18.03.2009.
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