Verkaufsagenten-Shops: Schlechte Geschäfte

Die meisten Verkaufsagenten-Shops sind ein schlechtes Geschäft für die Betreiber. Darüber wurde hier Ende September bereits berichtet.

Der Verfasser des damaligen Berichts, bubu.m, hat seine Studie auch in den letzten beiden Monaten fortgesetzt und weitere Zahlen zusammengetragen. Hier seine aktuelle Studie, die ich unten wieder mit eigenen Kommentaren ergänze:

eBay-Verkaufsagent: Keine tragfähige Existenzgrundlage

Bei Existenzgründern erfreut sich das eBay-Verkaufsagentenprogramm nach wie vor großer Beliebtheit. Mittlerweile sind 1.191 Verkaufsagenten (VAs) mit eigenem Ladenlokal bei eBay gelistet. Das entspricht gegenüber September 2004 einem Zuwachs von rund 50%. Bei etwa einem Drittel dieser Verkäufer handelt es sich um Einsteiger, die ihre Existenz überwiegend auf das VA-Geschäft begründen wollen.

Viele neue VAs haben bereits mit privatem eBay-Handel ein gewisses Know How im Verkauf von Gebrauchtware erworben. Ladenmieten in Randlagen sind relativ erschwinglich und bei einem VA-Shops ist kein Eigenkapital für die Warenbeschaffung notwendig.

Als gewerblicher Verkäufer läßt sich mit privaten Einlieferungsartikeln bei eBay allerdings kaum ein Geschäft machen. Die erzielbaren Umsätze reichen meist nicht für eine Vollexistenz. Diese Problematik wird aber von vielen Existenzgründern nicht erkannt. Aussagefähige Marktanalysen zum Geschäftsfeld "Verkaufsagent" fehlen. Dafür gibt es regelmäßig Jubelberichte in der Presse. Beispielsweise verkündete der eBays Vorzeige-Verkaufsagent Oliver Blume (clevereasy.de) im Januar 2004 im Stern, daß er bis Ende dieses Jahres 100 Filialen eröffnen werde. Tatsächlich hat er sogar vorhandene Filialen schließen müssen und betreibt heute nur noch drei Läden.

Rechtliche Probleme

Die Rechtsvorschriften im Fernabsatzhandel und beim Verkauf für Dritte ist vielen Verkaufsagenten nicht bewußt. Dabei findet man sogar auf den Informations-Seiten von eBay warnende Hinweise:

"Der Verkauf für Dritte im eigenen Namen beinhaltet auch wirtschaftliche und rechtliche Risiken. (...) Da nur der Verkaufsagent bei einem Vertragsabschluss bei eBay Vertragspartner des eBay-Käufers ist, steht auch allein der Verkaufsagent in der vertraglichen Pflicht und haftet gegenüber dem eBay-Käufer für Schlecht- oder Nichterfüllung des Vertrages."

Der Verkaufsagent hat als Unternehmer die Käufer über das Widerrufsrecht zu belehren und darf die Gewährleistung nicht ausschließen. Das gilt auch dann, wenn er für private Dritte verkauft. Trotzdem beachten nicht einmal die Hälfte aller VAs diese Vorschriften. Sie versuchen durch Hinweise wie "Privatverkauf", im "Kundenauftrag" oder mit eigenwilligen AGB-Konstruktionen die Verbraucherschutzregeln auszuschließen. Wer so handelt, muß mit teueren Abmahnungen, Unterlassungsverfügungen oder Klagen rechnen.

Ein privater Verkäufer kann die Gewährleistung grundsätzlich ausschließen. Nutzt er für seine Dienste einen Verkaufsagenten, wird häufig das Gewährleistungsrisiko des VAs im Einlieferungsvertrag auf ihn abgewälzt. Gegebenenfalls muß deshalb der Einlieferer nach Monaten noch Kostenersatz leisten.

Schwierige Konkurrenzsituation

Wer als gewerblicher Händler bei eBay mit privater Einlieferungsware Geschäfte machen will, konkurriert mit hunderttausenden privater Kleinverkäufer. Diese haben nicht nur erhebliche Kostenvorteile, sondern sorgen auch bei vielen Artikelgruppen für ein niedriges Preisniveau. Viele potentielle Einlieferungskunden der Verkaufsagenten haben im Bekanntenkreis ambitionierte eBay-Verkäufer, die die Artikel ebenfalls anbieten könnten. Die meist 25% Provision der Verkaufsagenten, zusätzliche Grundkosten und die beschriebenen Rechtsprobleme schrecken die private Zielgruppe der VAs oft ab.

Hoher Verwaltungsaufwand

Onlinehändler mit Neuware brauchen nicht für jeden Artikel eine eigene Auktion zu konzipieren. Sie kaufen größere Kontingente und haben meist nur einige Lieferanten. Verkaufsagenten haben hingegen ähnlich viele Lieferanten wie Käufer. Die Provisions- und Zahlungsabwicklung zwischen den Transaktionspartnern ist deutlich aufwändiger. Jeder Artikel muß fotografiert, beschrieben und einzeln zur Auktion gebracht werden. Individuelle Kundenanfragen müssen beantwortet werden. Das erhöht den Verwaltungsaufwand beträchtlich. Praktiker gehen von durchschnittlich ca. 40-45 Minuten Aufwand je verkauften Artikel aus.

Geringwertige Einlieferungsware

Verkaufsagenten erzielen ihre Einnahmen überwiegend mit Provisionen. Bringt ein Artikel nur einen geringen Erlös, fallen die allerdings niedrig aus. Gleichzeitig ist der Einlieferer oft enttäuscht, weil unter Berücksichtigung von Grundkosten und eBay-Gebühren ihm nur wenig ausgezahlt wird. In der Regel lohnt der Verkauf für VA und Einlieferer erst bei Endpreisen ab ca. 50-60 Euro.

In der Praxis ist es offensichtlich kaum möglich, im Privatkundengeschäft regelmäßig höherwertige Artikel zu akquirieren. Eine sehr umfangreiche Untersuchung mit 65 erfahrenen Verkaufsagenten und insgesamt 30.700 Verkäufen hat ernüchternde Ergebnisse gebracht. Durchschnittlich wurden nur etwa 40 Euro je Artikel erlöst. Dabei lagen allerdings mehr als 3/4 aller Endpreise unter diesem Wert:

Studie mit Zahlen zum 27.09.2004
Update mit Zahlen zum 26.10.2004
Update mit Zahlen zum 26.11.2004

Schlechte Umsatzaussichten

In der zitierten Untersuchung wurden auch die Umsätze der Verkaufsagenten erfaßt. Für die letzten 3 Monate lag der bei durchschnittlich bei nur 6.628 Euro im Monat. An Provisionen verblieb den VAs nach Abzug der eBay-Gebühren ca. 20-30%. Das entspricht etwa 1.650 Euro. Davon sind dann Ladenmiete, Umsatzsteuer, Investitionen, Werbung, Telefon etc. zu bezahlen. Teilweise sind auch Gehälter für Angestellte zu berücksichtigen. Für den oder die Inhaber der Verkaufsagenturen bleibt da kaum noch etwas übrig.

Wer als Vollexistenz ohne zusätzliche Personalkosten eine Verkaufsagentur betreiben will, sollte zumindest 12.000 bis 15.000 Euro Umsatz im Monat machen. Das ist mit geringpreisiger Einlieferungsware aber schon zeitlich kaum möglich. Bei dem ermittelten Durchschnittswert von 40 Euro je Artikel sind dazu ca. 350 Auktionen erforderlich. Bei etwa 40 Minuten Aufwand wären allein für die Auftragsannahme und -abwicklung schon rund 58 Stunden in der Woche einzuplanen.

Fazit

Der Einstig in die Selbstständigkeit als eBay-Verkaufsagent erscheint verlockend. Man braucht nicht viel Eigenkapital und auch die sonstigen Voraussetzungen liegen nicht all zu hoch.

Allerdings werden die Marktchancen oft völlig falsch eingeschätzt. In der Praxis bedeutet das für die meisten Verkaufsagenten sehr viel Arbeit für ein minimales Einkommen. Auch die rechtlichen Probleme bei der Vertragsabwicklung sind eine nicht zu unterschätzende Hürde. Der größte Teil der Verkaufsagenten wird vermutlich in den ersten 6-12 Monaten wieder aufgeben. Soweit dann noch längerfristige Mietverträge für Ladenlokale bestehen, kann der Ausstieg sehr teuer werden.

Weniger risikoreich ist die Verkaufsagenten-Tätigkeit im Nebenerwerb mit geringen Fixkosten. Günstig könnte z.B. sein, wenn ein Ladenlokal bereits vorhanden ist. Interessant als Zielgruppe sind auch gewerbliche Einlieferer - z.B. Unternehmen aus der Umgebung. Das erfordert in der Regel aber eine höhere Professionalität. Nur wenigen VAs gelingt es, gewerbliche Einlieferer langfristig zu binden. Oft fallen bei diesen Geschäften die Provisionen auch deutlich geringer aus.

Diesen Ausführungen schließe ich mich an. Dazu noch einige Ergänzungen von mir:

Letztlich scheitert das Konzept des professionellen Verkaufsagenten für private Einlieferer vor allem an zwei Problemen: Zum einen an der oben bereits thematisierten Rechtslage, die sich für Verkaufsagenten im Vergleich zu den privaten Verkäufern zu schwierig gestaltet (die privaten Mitbewerber müssen weder ein Widerrufsrecht einräumen, noch die mindestens einjährige Gewährleistung). Zum anderen und vor allem aber am hohen Zeitaufwand für das Verkaufen privater Einlieferungen: Die Artikel müssen angenommen werden und dabei ein Vertrag mit dem Einlieferer geschlossen werden und er beraten werden. Dann müssen Beschreibungen getextet werden, Fotos gemacht werden und der Artikel bei eBay eingestellt werden. Anschließend müssen Anfragen potenzieller Käufer beantwortet werden, der Kauf abgewickelt werden (Mail an Käufer, Zahlungseingang überwachen, Lieferschein drucken, Rechnung drucken, verschicken) und zu guter Letzt muss mit dem Einlieferer abgerechnet werden und ihm sein Geld ausgezahlt werden. Ein Profi braucht dafür tatsächlich 40 bis 45 Minuten pro Artikel - und hier sehe ich den einzigen Ansatzpunkt für erfolgreichere Verkaufsagenten: Mit entsprechender Software könnte man diesen Aufwand auf etwa 20 bis 25 Minuten pro Artikel reduzieren. Leider gibt es aber bisher keine solche Software auf dem Markt - die beiden marktführenden Auktionsverwaltungen Afterbuy und Auctionweb sind für größere Verkäufer von immer wiederkehrenden Neuwaren konzipiert und ermöglichen z.B. keine Abrechnung mit den Einlieferern.

Axel Gronen
30.11.2004

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© 2004 bei Axel Gronen. Letzte Aktualisierung: 30.11.04.
Etwaige Rechtschreib- und Grammatikfehler in diesem Text sind gewollt und wurden hier mit Absicht versteckt. Wer sie findet, darf sie behalten oder auf eBay versteigern. Best viewed with open eyes and a human brain ver. 1.0 or above.

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