Gestern wurde von einem Onlinehändler in der Wortfilter-Facebook Gruppe die Frage gestellt, wie denn ein Onlinehandel bewertet wird. Vorab: Die Frage lässt sich nicht klar beantworten. Aber ich kann ein paar Tipps geben, wie man annähernd an den Wert seines Geschäftes kommt.

Die Grundlagen

Grundsätzlich solltet ihr folgende Überlegungen anstellen: wenn ich 1000 € auf mein Sparbuch lege, dann möchte ich dafür Zinsen erhalten. D. h.: Mein Kapitaleinsatz sollte verzinst werden. Wenn ich nun das Sparbuch auflösen möchte, definiert also mein Kapitaleinsatz plus die Zinsen, die ich zurückbekomme, den Wert meines Sparbuchs. Genau so könnt ihr auch an die Wertermittlung eures Geschäfts rangehen.

Ihr habt also eine Menge Kapital in eurem Geschäft stecken. Das sind zum Beispiel euer Warenbestand, eure Rechner und eure Software. Die Anlagegüter. Die zusammen ergeben nun die Kohle, die ihr in eurem Geschäft stecken habt. So, und zum Ende eines Geschäftsjahres sollte also dieses Kapital für euch Zinsen erarbeiten. Das ist euer Gewinn. Ein Beispiel: Macht ihr also 20.000 € Gewinn und habt 100.000 € in eurem Betrieb stecken, dann habt ihr eine Kapitalverzinsung von 20 %. Die Höhe der Kapitalverzinsung sollte auch deutlich höher sein als das, was ihr auf einer Bank bekommt, denn ihr tragt ja auch ein erheblich höheres Risiko.

Das Ertragswertverfahren

Das am meisten angewandte Verfahren ist das Ertragswertverfahren. Und das rechnet sich so: Wie der Name schon sagt, geht es darum, zu ermitteln, was der Käufer mit eurem Geschäft verdienen kann. Es werden also die durchschnittlichen Erträge vor Steuern der letzten 3 Jahre und die geschätzten Erträge der zukünftigen 3 Jahre ermittelt. Dieser durchschnittliche Wert wird nun durch den Zinssatz (Kapitalisierungszinssatz) geteilt. Im obigen Beispiel sieht die Rechnung dann so aus: 20.000 € / 0,2 = 100.000 €. Die Herausforderung bei diesem Bewertungsverfahren sind zum einen die Prognose der zukünftigen Gewinne wie auch die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes.

Die Pi-mal-Daumen Methode

Ein anderer, wesentlich einfacherer Ansatz ist der, das sich die Höhe des Kaufpreises nach 5-8 Jahren aus den Gewinnen eingespielt haben muss. Das bedeutet also bei unserem Beispiel, dass das Unternehmen zwischen 100 und 160.000 € Wert wäre.

Für eine Circa-Berechnung eures Geschäftswertes sollten beide Ansätze ausreichend sein. Da ja die meisten von euch hauptsächlich über Marktplätze und unternehmensfremden Plattformen ihren Handel betreiben, sind in meinen Augen da auch eher noch Abschläge zu machen. Denn die Abhängigkeit, die sich aus dem Plattformhandel ergibt, wirkt sich eher negativ auf den Unternehmenswert aus.

Zum Schluß noch ein paar Gedanken

Da die meisten von euch auch ein Geschäftsmodell verfolgen, was jederzeit ersetzbar ist, wird auch hier noch ein Abschlag gemacht werden müssen. Ein Beispiel hierzu: Es gibt Hunderte von Autoteilehändlern auf eBay. Keiner von ihnen (zumindest aber die wenigsten) haben ein Alleinstellungsmerkmal. Im Grunde genommen ist es also noch nicht einmal notwendig, eine Firma zu kaufen, sondern jeder kann mit ausreichend Kapital das Geschäft selber und alleine aufziehen.

Eine Sache sollte nicht vergessen werden: Die Vorteile, die ihr für euer Unternehmen nutzt. Zum Beispiel zahlt ihr keine Miete und arbeitet sozusagen von zu Hause aus. Weiterhin zahlt ihr euch kein marktübliches Gehalt. So etwas rechnet man dann aus der Unternehmensbewertung heraus. Das bedeutet aber trotzdem, dass ein realistisches Gehalt und realistische Mieten angesetzt werden müssen. Über diese Beträge wird sich dann euer rechnerischer Gewinn verringern.