Die Bertelsmann Tochter hat in der Marktplatzstudie 2018 untersucht wie die Auswirkungen einer Marktplatzpräsenz auf den Kundenstamm im eigenen Markenshop sind. Das Ergebnis überrascht und bestätigt nicht die Sorgen vieler Marken. Eine Marktplatzintegration führt sogar zu einer erhöhten Neukundengewinnung für den Shop. Vermutet haben das schon viele, nur Zahlen die diese These belegen gab es bisher nicht.

Marktplatzstudie 2018: Modemarken wurden untersucht

Modehersteller stehen vor einem Dilemma: Noch nie war es so einfach, ihre Ware auf verschiedenen Kanälen anzubieten und trotzdem die Preiskontrolle zu behalten. Marktplätze und Partnerprogramme machen es möglich. Doch die Vorteile haben einen Preis: Der direkte Kundenzugang wird immer stärker durch den Marktplatz kontrolliert. Die Gefahr: Kunden kaufen weniger im Markenshop und wandern zum Marktplatz ab. Damit gehört der direkte Kundenzugang bei einem Verkauf über einen Marktplatz nicht länger der Marke, sondern dem Marktplatz.

Wesentliche Aspekte wie beispielsweise die werbliche Ansprache und Monetarisierung des Kunden fallen weg. Vertikalisierte Marken wie H&M oder Zara können sich diesem Trend auf Grund einer hohen Markenbekanntheit und Attraktivität häufig noch entgegenstellen. Jedoch zeigt sich auch hier, dass es spürbare Anpassungen in der Strategie gibt. Der Inditex Konzern bietet mittlerweile seine Marken Oysho, Pull&Bear und Massimo Dutti auf Zalando an.

Marktplätze für Modemarken. Fluch oder Segen?

Kundenkannibalisierung durch Marktplatzpräsenz? Dieser Frage geht die aktuelle Marktplatzstudie von arvato nach.

Eine Analyse von Arvato gibt Aufschluss. Ziel der Analyse war es zu verstehen, welchen Einfluss eine Marktplatzintegration auf den Kundenstamm im Markenshop hat. Hierzu wurden deutsche Online-Markenshops mit einer Marktplatzpräsenz im Bereich Mode untersucht. Im Detail wurden drei Fragestellungen untersucht:

1) Wie hoch ist der Anteil der Kunden, die in beiden Kanälen (Markenshop & Marktplatz) einkaufen? Diese Kunden werden im weiteren Verlauf als „Hybridkunden1“ betitelt.

2) Innerhalb der Hybridkunden: Wie hoch ist der Anteil der „Zuwanderer2“ bzw. „Abwanderer3“ für den eigenen Markenshop?

3) Welche Entwicklung ist festzustellen von Jahr 1 zu Jahr 2 nach dem Marktplatz-Launch? Natürlich können die Ergebnisse dieser Analyse nur ein Richtwert sein. Neben dem von der Marke angebotenen
Sortiment, verkauft der Marktplatz häufig auch selber Produkte der Marke. Diese Wholesale- Verkäufe konnten in der Analyse nicht berücksichtigt werden. Das gilt ebenso für andere Marktplatzhändler, die die Marke ebenfalls vertreiben.

Anteil der Hybridkunden auf geringem Niveau – jedoch stark steigend

Die Untersuchung zeigt, dass der Anteil der Hybridkunden mit 1,2% im ersten Jahr nach Marktplatzstart gering ausfällt. Die Gefahr einer Kundenkannibalisierung – weg vom Marken Onlineshop und hin zum Marktplatz – kann somit nicht bestätigt werden. Auffällig ist das starke Wachstum des Hybridkundenanteils von +125% von Jahr 1 zu Jahr 2 nach Marktplatzstart. Zwei wesentliche Treiber bestimmen den Hybridkundenanteil:

1) Die im Marktplatzprogramm angebotene Sortimentsbreite undtiefe,

2) die Schnittmenge der Zielgruppen zwischen Marktplatz und Markenshop.

Eine mögliche Hypothese für den starken Anstieg ist, dass Marken zunächst nur ein begrenztes Sortiment auf dem Marktplatz anbieten, um die Mechanik des Marktplatzes und das Absatzpotential zu testen. Nachdem der Test positiv verläuft, wird weiteres Sortiment angebunden, was wiederum zu mehr Kunden und einem höheren Hybridkundenanteil führt.

Marktplatzpräsenz führt zu mehr Neukunden für den Markenshop

Die nähere Betrachtung der Hybridkunden kann die Sorge einer Kundenabwanderung durch einen Marktplatz nicht bestätigen. Nur rund 10% der Hybridkunden wurden als „Abwanderer“ klassifiziert. Dagegen fällt der „Zuwandereranteil“ deutlich höher aus. 20% der Hybridkunden sind Kundenzuwanderer für den Markenshop im ersten Jahr nach Marktplatzstart. Der restliche Anteil der Hybridkunden fällt in keine der beiden Klassifizierungen. Hierunter fallen beispielsweise Kanalwechsler. In der Entwicklung von Jahr 1 zu Jahr 2 ist zu sehen, dass der Anteil der Zuwandererkunden um 20% zurückgeht, während der Anteil der Abwandererkunden mit 20% deutlich zulegt. Der Markenshop gewinnt zwar im zweiten Jahr immer noch mehr Kunden durch den Marktplatz, jedoch mit einer abnehmenden Tendenz.

Wichtig: Trotz dieser Entwicklungen bewegen sich die übergeordneten Werte nach wie vor auf äußerst geringem Niveau. So liegt der Anteil der Zu-, bzw. Abwanderer am Gesamtkundenstamm nur knapp über 0% im Jahr 1 nach Marktplatzstart.

Marken können Marktplätze für Neukundengewinnung nutzen

Langfristig sollten Marken sich überlegen welche Marktplatzstrategie sie verfolgen wollen. Marktplätze können hier sogar als Akquise-Kanal für Neukunden genutzt werden. Marken sollten sich daher überlegen, welche Maßnahmen sie ergreifen können, um Marktplatzkunden in den Markenshop zu überführen. Ein erster Ansatzpunkt kann beispielsweise eine selektive Sortimentsstrategie sein.

Die Idee: Ausgewählte Produkte einer Sortimentslinie werden auf dem Marktplatz zugänglich gemacht. Die restliche Kollektion bleibt exklusiv im Markenshop erhältlich. Kunden, die sich für die Linie interessieren, müssen also zwangsläufig im Markenshop aktiv werden.

(Quelle: arvato.com)