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BGH bestätigt erneut: Online-Coaching-Verträge ohne FernUSG-Zulassung sind nichtig – auch im B2B-Bereich

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 2. Oktober 2025 (Az. III ZR 173/24) eine weitere Grundsatzentscheidung zu Online-Coaching-Verträgen gefällt.
Erneut stellt der BGH klar: Wer Coaching-Programme anbietet, ohne über eine staatliche Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) zu verfügen, handelt rechtswidrig – auch im B2B-Bereich.

Damit verschärft das Gericht seine bisherige Linie und sendet ein deutliches Signal an die gesamte Coaching-Branche.
Das FernUSG gilt, wenn es um die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten geht – unabhängig davon, ob der Vertrag mit einem Verbraucher oder Unternehmer geschlossen wurde.


Worum es ging

Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Helfenstein Consulting GmbH von Kevin Helfenstein, Große Elbstraße 45 in Hamburg.
Ein Kunde hatte bei dem Unternehmen ein sogenanntes „E-Commerce Master Club“-Programm gebucht – ein Online-Coaching zur Gründung und Entwicklung eines E-Commerce-Business. Der Preis: über 7.000 Euro.

Das Programm versprach umfassendes Wissen rund um Unternehmensaufbau, Strategie und Onlinehandel. Enthalten waren Videokurse, wöchentliche Coaching-Calls, Lernmaterialien sowie der Austausch in einer Facebook-Gruppe.

Doch eine entscheidende Voraussetzung fehlte:
Der Anbieter verfügte nicht über eine staatliche Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).

Der Kunde erklärte daraufhin den Vertrag für nichtig und verweigerte die Zahlung.
Die Helfenstein Consulting GmbH klagte – und verlor.

Sowohl die Vorinstanzen als auch der Bundesgerichtshof wiesen die Klage ab.
Der Vertrag sei ungültig, weil es sich um nicht zugelassenen Fernunterricht handle.

Das Coaching-Programm erfüllte laut BGH alle typischen Merkmale des Fernunterrichts:

  • Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
  • überwiegend räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden
  • Elemente zur Kontrolle des Lernerfolgs

Selbst die Behauptung, es handle sich um „individuelles Coaching“, überzeugte das Gericht nicht.
Der Schwerpunkt liege eindeutig auf der Wissensvermittlung, und damit greife das FernUSG uneingeschränkt.


Das Urteil im Detail

Der BGH nutzte den Fall, um zentrale Rechtsfragen endgültig zu klären. Die Entscheidung präzisiert die Definition des Fernunterrichts – und macht deutlich, wie weit der Schutzbereich des FernUSG reicht.

1. Weite Auslegung von „Kenntnissen“ und „Fähigkeiten“
Der BGH stellt klar: Das Gesetz umfasst jede Art von Wissenstransfer, unabhängig von Inhalt, Niveau oder Zielgruppe.

„Die Begriffe sind weit auszulegen. Eine irgendwie geartete Mindestqualität der Kenntnisse oder Fähigkeiten ist nicht erforderlich. Anderenfalls würden gerade solche Verträge aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen, bei denen der Schutz besonders notwendig ist.“
(BGH, III ZR 173/24)

2. Online-Coachings sind räumlich getrennt – und damit Fernunterricht
Auch wenn Teilnehmer in Calls Fragen stellen können, bleibt der Kern digitaler Programme die asynchrone Wissensvermittlung.

„Der Schwerpunkt lag im lebenslangen Zugriff auf Videokurse. Diese sind asynchron und erfüllen die Voraussetzungen der räumlichen Trennung.“

3. Der Begriff „Lernerfolg“ ist weit gefasst
Schon ein einfaches Fragerecht des Teilnehmers gilt als Lernerfolgskontrolle.

„Es genügt, wenn der Lernende Anspruch auf individuelle Anleitung hat, die eine Lernerfolgskontrolle ermöglicht. Auch ein Fragerecht des Teilnehmers genügt.“

4. Wirtschaftlicher Erfolg ist irrelevant
Selbst wenn ein Teilnehmer mit dem Coaching Geld verdient, bleibt der Vertrag nichtig, wenn die gesetzliche Zulassung fehlt.

💡 Checkliste: Kannst du dein Geld vom Coaching-Anbieter zurückfordern?

Viele Online-Coachings fallen unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Wenn der Anbieter keine staatliche Zulassung hat, ist der Vertrag in der Regel nichtig – du kannst gezahlte Beträge zurückverlangen. Diese Checkliste hilft dir, deinen Fall zu prüfen:

  • 📹 Online-Format: Wurde das Coaching überwiegend digital (Video, Zoom, Online-Kurse) durchgeführt?
  • 🧠 Wissensvermittlung: Ging es um das Erlernen von Kenntnissen oder Fähigkeiten (z. B. Marketing, E-Commerce, Mindset, Businessaufbau)?
  • 💬 Räumliche Trennung: Fand die Schulung überwiegend ohne persönlichen Kontakt statt (z. B. asynchron über Videos)?
  • 🎯 Lernerfolgskontrolle: Gab es individuelle Betreuung, Fragenrunden oder Feedback zur Leistung?
  • 📜 Keine FernUSG-Zulassung: Hat der Anbieter keine staatliche Zulassungsnummer der ZFU (Zentralstelle für Fernunterricht)?
  • 📅 Laufzeit & Preis: Wurde ein Vertrag über mehrere Monate mit Raten oder Pauschalpreis geschlossen?
  • 💸 Zahlungspflicht trotz Nichtleistung: Musstest du zahlen, obwohl keine oder nur mangelhafte Leistungen erbracht wurden?
  • 📧 Kommunikation & Nachweise: Kannst du E-Mails, Rechnungen oder Vertragsunterlagen vorlegen?
  • ⚖️ Bereits gezahlt: Hast du schon überwiesen oder per Lastschrift bezahlt? (Dann kannst du Rückforderung oder Rückbuchung prüfen.)
  • 📩 Juristische Beratung: Wurde der Anbieter bereits abgemahnt oder gibt es laufende Verfahren? Prüfe das über Google oder Wortfilter.

Wenn mehrere dieser Punkte auf dich zutreffen, stehen deine Chancen gut, dein Geld zurückzufordern. Wende dich an einen auf E-Commerce- und FernUSG-Fälle spezialisierten Anwalt.

Tipp: Eine fehlende FernUSG-Zulassung macht den Vertrag nichtig – auch dann, wenn der Anbieter behauptet, das Coaching richte sich „nur an Unternehmer“.

Einschätzung von Rechtsanwalt Dr. Bahr

Der Hamburger Medien- und IT-Rechtler Dr. Martin Bahr, der seit Jahren zu diesem Thema publiziert, bewertet das Urteil deutlich:

„Mit seiner aktuellen Entscheidung klärt der BGH weitere wichtige Fragen in diesem Themenbereich.
Die Begriffe ‚Kenntnisse‘ und ‚Fähigkeiten‘ sind weit auszulegen. Eine Mindestqualität ist nicht erforderlich. Damit wird der Schutzbereich des FernUSG bewusst sehr weit gefasst.“

„Das bedeutet im Klartext: Mit der vorliegenden Entscheidung zementiert der BGH seine bisherige Rechtsauffassung. Online-Coaching-Anbieter müssen damit rechnen, dass sie künftig noch häufiger Rückforderungsansprüchen ihrer Kunden ausgesetzt sein werden.“
RA Dr. Bahr, Hamburg


Konsequenzen für Coaching-Anbieter

Dieses Urteil trifft die Coaching-Branche hart.
Viele Anbieter glaubten, das FernUSG durch den Hinweis „nur für Unternehmer“ umgehen zu können. Doch diese Strategie ist gescheitert.

Der BGH macht unmissverständlich klar:

  • Das FernUSG gilt auch für B2B-Verträge.
  • Schon die Vermittlung von Wissen oder Fähigkeiten genügt.
  • Kombinationen aus Videokursen, Calls oder Gruppen-Coachings sind typischer Fernunterricht.

Wer keine Zulassung der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) besitzt, riskiert:

  • Vertragsnichtigkeit
  • Rückzahlungsforderungen
  • Abmahnungen und Klagen

Damit steht fest: Coaching-Angebote ohne Zulassung sind rechtlich auf Sand gebaut.


Was Händler jetzt wissen müssen

Auch Händler buchen regelmäßig Coachings – für SEO, E-Commerce oder Social Media.
Das Urteil betrifft also auch sie.

Wenn du ein Coaching gebucht hast:

  • Prüfe, ob der Anbieter eine ZFU-Zulassung hat.
  • Ist das nicht der Fall, ist der Vertrag nichtig.
  • Du kannst gezahlte Beträge zurückfordern – selbst bei B2B-Verträgen.

Gerade Kanzleien wie RA Dr. Bahr führen derzeit zahlreiche Rückforderungsverfahren.
Für Händler ist dieses Urteil daher ein wichtiges Schutzinstrument – und ein starkes Signal gegen überteuerte oder rechtlich fragwürdige Programme.


Fazit

Der BGH zieht die Linie konsequent durch:
Online-Coachings sind Fernunterricht, wenn Wissen vermittelt und Lernerfolg kontrolliert wird – unabhängig davon, ob sie an Verbraucher oder Unternehmer gerichtet sind.

Das Urteil stärkt den Schutz der Teilnehmer und zwingt Anbieter zur staatlichen Zulassung.
Für Händler bedeutet das mehr Sicherheit – und die Möglichkeit, sich gegen rechtswidrige Verträge zu wehren.


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